Führt das neue Haushaltsrecht zu mehr Gleichstellung?
Groß waren die Erwartungen, als der Gesetzgeber im Jahr 2009 in Art. 13 Abs. 3 B-VG für Bund, Länder und Gemeinden die verfassungsrechtliche Verpflichtung verankerte, bei der Haushaltsführung die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern anzustreben. Die praktischen Auswirkungen waren zunächst jedoch überschaubar. Mit der 2013 in Kraft getretenen zweiten Etappe der Haushaltsrechtsreform des Bundes, durch die die Wirkungsorientierung als zentraler Budgetgrundsatz eingeführt wurde, sollte jedoch ein starker neuer Impuls gesetzt werden. In jeder der rund 30 Budgetuntergliederungen (entspricht einem sachlich zusammengehörenden Budgetbereich, z.B. dem Aufgabengebiet eines Ministeriums) soll zumindest eines der maximal fünf Wirkungsziele der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern dienen. Auch im Rahmen der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung von Regelungsvorhaben sind die Auswirkungen auf die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern abzuschätzen, sofern diese wesentlich sind.
Konnten mit dem neuen Haushaltsrecht nunmehr deutliche Fortschritte, vielleicht sogar ein Durchbruch erzielt werden? Dreieinhalb Jahre später fällt die Bilanz gemischt aus. Während auf internationaler Ebene die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen als Best Practice allgemeine Anerkennung finden, zeigt ein Blick in die internationale Gender Statistik, dass die haushaltsrechtlichen Instrumente allein noch kein Garant für bedeutende Fortschritte im internationalen Ranking sind. Der letzte OECD-Länderbericht vom Juli 2015 führt aus, dass Österreich in vielen Bereichen trotz erkennbarer Aufholprozesse international weiter hinterherhinkt und mit 23 % einen der höchsten Gender Pay Gaps auf Bruttostundenlohnbasis innerhalb der OECD aufweist.
Positiv ist jedenfalls hervorzuheben, dass mit dem neuen Haushaltsrecht gute Voraussetzungen geschaffen wurden, um die Gleichstellung weiter voranzutreiben. Durch die Regelungen konnte das Problembewusstsein weiter geschärft werden und die parlamentarische Diskussion machte ein parteienübergreifendes politisches Interesse deutlich. In den Wirkungsinformationen der Bundesfinanzgesetze werden die wesentlichen gleichstellungsrelevanten Problemfelder angesprochen. Es wurden von den Ressorts Ziele und Maßnahmen festgelegt, deren Erreichung und Umsetzung anhand von festgelegten Indikatoren nachverfolgt werden.
Gleichzeitig werden aber auch bestehende Schwächen in der Umsetzung deutlich. Trotz erster Ansätze fehlen weiterhin eine ausreichende Strategie und Koordination zwischen den Ressorts, weshalb keine Fokussierung auf zentrale Problemstellungen stattfindet. Durch die Verankerung von Gleichstellungszielen und -maßnahmen im Budget sollen geschlechterspezifischen Auswirkungen von Budgetentscheidungen sichtbar gemacht werden. Derzeit wird der Gender Budgeting Ansatz im Sinne einer gendergerechten Mittelallokation jedoch noch zu wenig verfolgt. Die dazu notwendige genderdisaggregierte Datenstrukturierung ist in vielen Bereichen noch ausständig. Bei den Wirkungsorientierten Folgenabschätzungen von neuen Regelungsvorhaben sind nur in Einzelfällen (z.B. Steuerreform 2015/2016) Fortschritte und qualitative Verbesserungen erkennbar.
Insgesamt ist aus Sicht des Budgetdienstes daher festzuhalten, dass das Potenzial der neuen Instrumente im Haushaltsrecht zur Förderung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern bei Weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Signifikante Fortschritte werden nur dann erzielt werden, wenn das Ziel politisch nachhaltig weiterverfolgt wird.
Dr. Helmut Berger heads the Austrian Parliamentary Budget Office and is Member of the Interministerial Working Group Gender Mainstreaming/Gender Budgeting.