Gender Budgeting gewinnt zu Recht zunehmend an Aufmerksamkeit. Allerdings gerät häufig die Einnahmenseite des Haushalts, das heißt die Entscheidung über Steuern oder andere öffentliche Abgaben, aus dem Blickfeld. Dabei ist gerade die Erhebung und Ausgestaltung von Steuern ein zentraler gleichstellungspolitischer Baustein. Zum einen, weil erst die Erhebung von Steuern die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ermöglicht, zum anderen weil durch Steuern ungewollt oder gewollt vielfältig ökonomische, soziale und ökologische Effekte ausgelöst werden, die für Frauen und Männer aufgrund ihrer Lebensrealitäten sehr unterschiedlich ausfallen können. Wie gut ein Steuersystem wirklich ist, zeigt sich erst anhand der Auswirkungen auf unterschiedliche Lebensrealitäten, Umwelt und Wirtschaft. Die besondere Herausforderung besteht darin, diese Aspekte nicht getrennt zu verhandeln, sondern gemeinsam zu anzudenken und Lösungen zu finden, die wirtschaftlichen, ökologischen, sozialen UND gleichstellungsrelevanten Anforderungen gerecht werden. Dabei sind nicht zuletzt rechtliche Vorgaben zu berücksichtigen, die mittelbare Diskriminierungen im Steuerrecht verbieten. Umfang und Ausgestaltung der Besteuerung werden zudem immer mehr durch internationale und transnationale Entwicklungen beeinflusst. Daher stellt sich auch die Frage, was die Europäische Union zu einer gleichstellungsorientierten Besteuerung beitragen kann oder sogar beitragen muss.
Dr.in Ulrike Spangenberg ist Juristin und arbeitet Institut für gleichstellungsorientierte Prozesse und Strategien e.V., Berlin; Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt FairTax (www.fair-tax.eu), Umeå, Schweden und promovierte zum Thema „Mittelbare Diskriminierung im Einkommensteuerrecht“; seit 2003 betreibt sie interdisziplinäre wissenschaftliche Forschung und Beratung im Bereich Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsrecht mit den Schwerpunkten Steuer- und Finanzpolitik, Gesetzesfolgenabschätzung, Alterssicherung und Bildung.