Mehr Gleichstellung durch Steuerpolitik? Wo steht Österreich?

In einer kürzlich veröffentlichten Publikation des Finanzministeriums wird deutlich, dass sich in Österreich die Einkommen von Frauen und Männern nicht nur weiterhin stark unterscheiden, sondern dass der Einkommensunterschied sogar höher ist als in den meisten europäischen Staaten: Im Durchschnitt verdienen Arbeitnehmerinnen brutto lediglich zwei Drittel im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen. Ähnlich sieht es bei Pensionsbezieherinnen und Selbstständigen aus.

Untersucht wurde in dieser Studie weniger der Einkommensunterschied als das Ausgleichspotenzial durch einkommensabhängige Abgaben, Sozialversicherungsbeiträge und Einkommen- bzw. Lohnsteuern. Aufgrund einer sehr unterschiedlichen Umverteilungswirkung ist der erzielbare Ausgleich – so das Fazit der Studie – lediglich ein geringer:

So wirken Sozialversicherungsbeiträge größtenteils regressiv und vergrößern aufgrund der Höchstbeitragsgrundlage die Einkommens-Diskrepanz sogar. Da der Einkommensteuertarif jedoch wiederum progressiv wirkt und die Einkommensunterschiede in stärkerem Ausmaß verringert, wird insgesamt ein positiver Umverteilungseffekt erreicht. Abgebremst wird ein allfälliger positiver Effekt in Richtung Gleichstellung zudem durch steuerliche Begünstigungen wie etwa das 13. und 14. Monatsgehalt und den Gewinnfreibetrag für Selbständigen-Einkommen. Dadurch kommt es zu niedrigeren effektiven Grenzsteuersätzen, wodurch vorwiegend die höheren Männereinkommen profitieren. Das gegenwärtige österreichische Steuerrecht zielt folglich nicht vordergründig auf eine Gleichstellungswirkung ab; dadurch kann es auch lediglich einen Teil der Unterschiede im Primäreinkommen ausgleichen und das Ziel einer Verbesserung der Fraueneinkommen nur begleitend unterstützen. Zur jüngsten Steuerreform heißt es aus Gender-Sicht in der Studie: „Die mit gut 3,75 Mrd. Euro 2016 (4,4 Mrd. Euro im Jahr 2017) am stärksten ins Gewicht fallende Maßnahme – die Tarifsenkung – schlägt sich absolut zu etwa 64 % bei den Männern nieder. Auch in Bezug auf die Bruttobezüge war die Entlastung durch die Senkung der Steuersätze des Tarifs bei den Männern minimal höher (2,38 % gegenüber 2,14 % bei den Frauen), wobei diese Differenz jedoch durch die Erhöhung des Verkehrsabsetzbetrages und die höhere SV-Erstattung (Negativsteuer) in etwa kompensiert wird. Es ist aber zudem zu erwarten, dass der abgesenkte Eingangssteuersatz von 25 % und die niedrigeren Steuersätze im unteren Einkommensbereich, sowie die Erhöhung des Kinderfreibetrages plus Erhöhung des „Splittingvorteiles“, höhere Erwerbsanreize vor allem für Frauen schaffen.“

Für die vollständige Angleichung ist eine Steuerpolitik nicht ausreichend. Dafür wären Änderungen in der primären Einkommensverteilung erforderlich. Nicht zuletzt braucht es auch eine bessere Vereinbarkeit zur Förderung von Vollzeitbeschäftigung und weitere Maßnahmen. Lesen Sie mehr dazu in der Studie.

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