Öffentliche Aufträge machen beinahe ein Fünftel unseres Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Mit der Vergabe öffentlicher Aufträge hat die öffentliche Hand eine Vorbildrolle und grundlegende gesellschaftliche Gestaltungsfunktion inne. Vergibt sie Aufträge, so nutzt sie Gelder aus dem öffentlichen Haushalt. Darum greifen auch hier die verfassungsrechtlichen Staatszielbestimmungen (Artikel 7 Abs. 2 B-VG und Artikel 13 Abs. 3 B-VG) zu Gender Budgeting. Dieser handlungspolitische Auftrag wurde 2013 mit dem Ziel der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern im Rahmen der wirkungsorientierten Haushaltsführung bekräftigt. Bei der Vergabe von Aufträgen besteht gemäß § 19 Abs. 6 BVergG 2006 (künftig § 20 Abs 6 BVergG 2017) die Möglichkeit, auf die Beschäftigung von Frauen Bedacht zu nehmen.
Am 8. Februar startete die Begutachtungsfrist für den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesvergabegesetz 2017 erlassen und das Bundesvergabegesetz 2017 sowie das Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 geändert werden. Grund für den Entwurf ist das am 28. März 2014 publizierte Vergaberichtlinienlegislativpaket (Richtlinie 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU) der Europäischen Union, mit dem das gemeinschaftliche Vergaberecht auf eine neue rechtliche Basis gestellt und erstmalig eine Konzessionsrichtlinie erlassen wurde. Der Entwurf stellt Österreichs Umsetzung der Richtlinien dar, die – mit einigen Ausnahmen – bis 18. April 2016 erfolgen hätte müssen, denn bislang ist lediglich ein erster Schritt im Rahmen der „kleinen Novelle 2015“ des Bundesvergabegesetzes erfolgt.
Im Zentrum der Richtlinienumsetzung stehen Modernisierung und Adaptierung des rechtlichen Rahmens, insb. durch:
- Neue Formen der Beschaffung wie zB grenzüberschreitende gemeinsame Auftragsvergaben;
- Verstärkte Berücksichtigung ökologischer, sozialer und innovativer Aspekte;
- Verpflichtung zur E-Vergabeverfahren und
- Kodifizierung der ständigen Rechsprechung des EuGH.
Die EU-Richtlinien setzen ein verstärktes Augenmerk auf ökologische, soziale und innovative Aspekte in der Vergabe. Dies beinhaltet auch die Förderung von Gleichstellung und Frauen. Nun gilt es zu erwägen, wie die Umsetzung der darin enthaltenen obligatorischen und fakultativen Bestimmungen erfolgen soll bzw. erfolgen wird, steckt im Vergaberecht doch ein wesentliches Instrument zur Schaffung von intelligentem, nachhaltigem und integrativem Wachstum – kurzum zur Gestaltung einer sozialen Marktwirtschaft.
Eine Stellungnahme ist bis längstens 3. April 2017 zu möglich. Der Begutachtungsentwurf inkl. Erläuterungen, Textgegenüberstellung und Vorblatt sind auf der Parlamentsseite einsehbar.
Exkurs:
Es gilt darauf hinzuweisen, dass es sich bei der österreichischen Umsetzungsmaßnahme um eine Totalrevision des Bundesvergabegesetzes handelt. Zeitgleich mit dem Inkrafttreten des Bundesvergabegesetzes 2017 wird eine neue Schwellenwerteverordnung erlassen werden, die die derzeit bestehenden Schwellenwerte der Schwellenwerteverordnung 2017 idF BGBl. II Nr. 250/2016 fortschreiben soll.
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